30.12.2022

Pelé, mein lieber Freund!
Foto: Brosda

Pelé, mein lieber Freund!

Es schmerzt so sehr, dass du nicht mehr unter uns bist. Schon während der WM, als es Dir gesundheitlich immer schlechter ging und Du ans Krankenhausbett gefesselt warst, waren meine Gedanken fest bei Dir. Es waren Gedanken an großartige Momente mit Dir, an all das, was ich gemeinsam mit Dir erleben durfte.

Schon als zehnjähriger kleiner Fußball-Bekloppter schwärmte ich von Dir. Gerade uns Kindern warst du so nah, weil du nicht viel älter warst als wir und uns die Hoffnung machtest, dass wir auch schaffen können, was du geschafft hattest mit deinen 17 Jahren. Was wir nicht wussten: der liebe Gott hatte dich mit einem begnadeten Talent gesegnet, dich zu einem Fußballer gemacht, wie er höchstens alle Jubel-Jahre den Rasen betritt.

Du warst noch nicht erwachsen, als du die ganz große Bühne betratst. Als Ersatzspieler der Selecao kamst du 1958 nach Schweden, als Superstar und Weltmeister kannte Dich ein paar Wochen später die ganze Welt.

Nach dem Aus der deutschen Mannschaft im Halbfinale gegen Schweden drückte ich Brasilien und vor allem Dir, meinem neuen Lieblingsspieler, alle Daumen und Zehen. Und ich war glücklich, als es am Ende 5:2 für Brasilien stand, auch dank zweier Tore von Dir. Die Welt staunte über diesen jungen Fußballer, Deine unglaublichen Fähigkeiten und diese angeborene Ausstrahlung. Fortan nannte man dich "O Rei", den König.

Sportlich gäbe es so viel über Dich zu erzählen. Mir ist vor allen Dingen die WM 1970 in lebhafter Erinnerung. Deutschland verlor im Halbfinale gegen Italien unglücklich mit 3:4, diese Partie ging als Jahrhundertspiel in die Fußball-Geschichte ein. Ich gebe zu: ich war nach unserer bitteren Niederlage überglücklich, dass Brasilien im Endspiel Italien mit 4:1 von der Platte putzte und mein Lieblingsspieler Pelé ein wahnsinniges Kopfball-Tor erzielte. Du warst zu der Zeit der mit Abstand weltbeste Kicker, es gibt bis heute keinen Spieler, der drei WM-Titel gewann.

Viele Jahre später hatte ich die große Ehre, Dich abseits des Platzes kennenlernen zu dürfen. Unser gemeinsamer Freund Juan Figer organisierte 2005 mit mir Deinen Besuch in meiner Heimatstadt Köln. Ich hatte Dich als WM-Botschafter gemeinsam mit dem damaligen Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma zum Besuch des Confed-Cups und des Weltjugendtags eingeladen. Deine Audienz bei Papst Benedikt XVI. war für uns alle eine große Ehre und ein absolutes Highlight in Deinem Leben, was Du mir mehr als einmal in diesen aufregenden Tagen bestätigtest.

Du hast uns 2005 in Köln mit Deiner Popularität und Deiner Beliebtheit vor der WM in Deutschland enorm unterstützt. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie stolz unsere Kölner Weltmeister und Nationalspieler Wolfgang Overath und Lukas Podolski bei den Treffen mit Dir waren.

Beim WM-Turnier ein Jahr später warst Du neben Deinem Freund Franz Beckenbauer der große Top-Star außerhalb des Spielfeldes. "Die Welt zu Gast bei Freunden" – niemand aus der riesigen und an Stars sicher nicht armen Fußball-Familie hätte unser Motto besser verkörpern können als Du. Und Du hast dieses Turnier geprägt – auch nach außen. Ich erinnere mich gerne daran, wie Du den goldenen WM-Pokal vor dem Eröffnungsspiel auf das Feld getragen hast. Oder wie Du,das offizielle Maskottchen „Goleo" bei „Wetten, dass...?" vorgestellt hast.

Du warst ein wunderbarer Mensch, ein ganz feiner Kerl und ein fairer Sportsmann obendrein. Eine Persönlichkeit, die einen Raum alleine füllte, sobald sie durch den Türrahmen schritt. Das zeigte sich auch in düsteren Momenten. Als Deutschland Deine geliebte brasilianische Mannschaft im Halbfinale der WM 2014 mit 7:1 vom Platz fegte, warst auch Du geschockt, ja. Doch deine Reaktion war die eines echten Gentleman: Kurz durchatmen, weitermachen. Dem Gegner gratulieren, der eigenen Mannschaft Mut zusprechen und die geschockte Nation trösten. Wie ein Vater seine Kinder tröstet, so tröstete Pelé Brasiliens Fußball-Gemeinde.

Ich bin stolz und glücklich, dass wir so gut befreundet waren. Die Welt hat einen ganz Großen verloren, Du hinterlässt eine Lücke, die niemals geschlossen werden kann - nicht nur als Weltklasse-Fußballer, sondern auch als ein unglaublich lieber und herzlicher Mensch.

Mein lieber Freund Pelé, ich werde Dich sehr vermissen.

Dein Calli